Kreistagswahl: CDU und Freie Wähler geben zehn Sitze ab

Das konservative Lager verliert im Landkreis Böblingen – Grüne holen fünf zusätzliche Mandate – AfD erstmals vertreten

Die Bürgerlichen müssen bei der Kreistagswahl Federn lassen. Freie Wähler und CDU verlieren jeweils fünf Sitze, die SPD büßt zwei Mandate ein. Gewinner sind die Grünen mit fünf Sitzen Zuwachs und die AfD. Die Rechtspopulisten sind zum ersten Mal mit fünf Vertretern im Kreistag vertreten. Neu ist auch die Leonberger Liste S:ALZ mit einem Sitz.

Im fünften Stockwerk des Landratsamtes (beim Blick aus dem Fenster ist im Hintergrund die Stadtkirche zu erkennen) tagt der Böblinger Kreistag Foto: Thomas Bischof

Artikel vom 28. Mai 2019 – 17:06

Von Michael Stürm

KREIS BÖBLINGEN. 84 statt 72 Bürgervertreter: Auch in den kommenden fünf Jahren wird der Kreistag wieder deutlich mehr Mitglieder haben, als es die Wahlordnung vorsieht. Zwölf Bewerber haben ihren Sitz einem Ausgleichsmandat zu verdanken.

Vier Mitglieder der Freien Wähler sind auf diese Weise ins Kreisparlament eingezogen. Dennoch muss die Fraktion einen beträchtlichen Aderlass beklagen. 27,93 Prozent bedeuten über sechs Prozentpunkte Stimmenverlust und nur noch 25 Sitze. Ähnliches widerfuhr auch der zweiten Kraft im konservativen Lager.

Auch bei der CDU machten weniger Wähler ihr Kreuzchen, die Partei verlor rund sechs Prozentpunkte. Damit müssen sich die Christdemokraten mit 17 Plätzen begnügen. Vergleichsweise gut meinten es die Wähler mit der SPD. Die verlor knapp drei Prozentpunkte und ist mit elf Vertretern im Kreisparlament.

Auch im Kreis sind die Grünen die klaren Gewinner. Sechs Prozentpunkte mehr Stimmen bescheren der Partei 16 Sitze. Mit einem ähnlichen Erfolg wartet das rechte Lager auf. Die AfD erreicht aus dem Stand 6,44 Prozent und schickt fünf Vertreter in den Sitzungssaal im Landratsamt. Opfer des Rechtsrucks ist die NDP: Die Rechtsradikalen, bisher mit einem Sitz vertreten, sind in Zukunft nicht mehr Teil des Kreistags.

Eine kleine Verstärkung kann indes der Altkreis Leonberg verbuchen. Der wird zukünftig mit einem Kandidaten von S:ALZ, einer Leonberger Bürgerliste, vertreten sein. Für Zuwachs sorgte auch die FDP, die zwei Bewerber mehr in das Plenum schickt, während die Linke wie bisher mit drei Vertretern im Kreisparlament sitzt.

Jeder Vierte ist ein Bürgermeister

Auch dieses Mal dominiert die Riege der Bürgermeister wieder das Kreisparlament: 21 Kreisräte, überwiegend auf der Liste der Freien Wähler, sind Rathauschefs oder Dezernenten in den größeren Städten – das macht 25 Prozent des Gremiums aus. Wenig überraschend, dass in diesem Bewerberfeld auch der Stimmenkönig zu finden ist. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen musste Herrenbergs OB Thomas Sprißler (16 983 Stimmen) diesen Titel an seinen Sindelfinger Kollegen Bernd Vöhringer (16 997) abgeben. Der neue Shooting-Star kommt jedoch aus Böblingen: OB Stefan Belz sammelte auf Anhieb 15 616 Stimmen für die Grünen.

Vor allem auf der Schönbuchlichtung und im Gäu ist die Anzahl der Ortschefs im zukünftigen Kreisparlament hoch. Neu dabei sind Erwin Heller aus Altdorf und Matthias Schöck aus Hildrizhausen sowie Ioannis Delakos aus Holzgerlingen. Mit Ingolf Welte, Daniel Töpfer, Florian Glock, Ioannis Delakos und Daniel Schamburek haben fünf Bürgermeister, die noch nicht allzu lange im Amt sind, den Einzug in den Kreistag umgehend geschafft.

Doch es gibt auch Verlierer in der Rathaus-Riege: Zwei altgediente Verwaltungschefs werden in Zukunft nicht mehr dabei sein: Ehningens Bürgermeister Claus Unger ist auf der CDU-Liste gescheitert, und Martin Thüringer, der dem Rathaus in Grafenau vorsitzt, hat den Wiedereinzug bei den Freien Wählern nicht geschafft.

 ZAHLEN UND FAKTEN 
 Wahlberechtigte: 300 525
Wähler: 178 378Wahlbeteiligung: 59,36% (2014: 49,13%)
Ungültige Stimmzettel: 4253
Gültige Stimmzettel: 174 125
Gültige Stimmen: 1 265 986
Stimmverteilung (in Klammern das Ergebnis von 2o14): Freie Wähler 27,93% (34,43%), CDU 21,47 (27,33), Grüne 19,48 (13,27), SPD 12,78 (15,04), FDP 7,6 (4,6), AfD 6,44 (-), Linke 3,27 (3,53), S:ALZ 0,78 (0,6), NPD 0,2 (1,06), FRiDi 0,06 (0,14).Sitzverteilung: Freie Wähler 25 (30), CDU 17 (22), Grüne 16 (11), SPD 11 (13), FDP 6 (4), AfD 5 (-), Linke 3 (3), S:ALZ 1 (-). 

Gewählt wurden (Zahl der Stimmen): 
Freie Wähler: Tobias Heizmann (5529), Ralf Sklarski (3776), Ingrid Balzer (5907), Rainer Just (5641), Werner Metz (8409), Joachim Quendt (7298), Thomas Sprißler (16 983), Ingolf Welte (6578), Daniel Gött (6246), Achim Gack (6003, Ausgleichssitz), Martin Killinger (8289), Jürgen Katz (5288), Wolfgang Faißt (6981), Ioannis Delakos (11 430), Wilfried Dölker (6467), Wolfgang Lahl (5927), Erwin Heller (5630), Matthias Schöck (5300, Ausgleichssitz), Daniel Schamburek (5055), Michael Lutz (4781), Annette Odendahl (4553, Ausgleichssitz), Wilhelm Tafel (7091), Matthias Bock (6417), Hans Michael Burkhardt (5761), Bernd Dürr (7043).

CDU: Paul Nemeth (7059), Marc Biadacz (6155), Bernd Vöhringer (16 973), Walter Arnold (8036), Christian Gangl (6788), Helmut Noë (6540), Ulrich Vonderheid (5681), Dieter Haarer (4285), Thilo Schreiber (9104), Susanne Widmaier (8534), Daniel Töpfer (5265, Ausgleichssitz), Andreas Kindler (2926), Klaus Finger (4351), Gabriele Moritz-Rahn (3616), Thomas Riesch (8857), Thomas Rott (5195), Cornelia Ikker-Spiecker (3486).

Grüne: Stefan Belz (15 616), Heidrun Behm (5144), Frank Löhlein (6689), Roland Mundle (7255), Angie Weber-Streibl (6314), Johanna Moltmann-Hermann (4109), Annegret Stötzer-Rapp (5811), Antonia Hildebrandt (4748), Cornelia Epple (4416), Petra Herter (4322), Katharina Kreis (2597), Lea Salemi (4543), Jens Uwe Renz (4095, Ausgleichssitz), Maria Rapp (2991), Thomas Ritter (4015), Gloria Graf (2370).

SPD: Thomas Frech (4832), Axel Finkelnburg (4892), Ulrike Rapp (3697), Günther Wöhler (6923), Tobias Brenner (5558), Hans-Josef Straub (4357), Jan Hambach (2859), Hans Artschwager (2321), Norbert Weinmann (1778), Ergun Lümali (2203), Wilhelm Kern (2186).

FDP: Manfred Teufel (3991), Alexander Baisch (3457), Dieter Maurmaier (3709), Wilhelm Bührer (2516), Florian Glock (4345), Uli Zinser (1978).

AfD: Peter Gleißner (6129), Maximilian Evers (4964), Frank Schempp (5370), Klaus Mauch (3724), Peter Keßler (3890, Ausgleichssitz).

Linke: Ingrid Pitterle (1678), Gitte Hutter (1838, Ausgleichssitz), Angelika Hohl (1252, Ausgleichssitz).

S:ALZ: Frank Albrecht (2248, Ausgleichssitz).

https://www.krzbb.de/krz_50_111719748-13-_Kreistagswahl-CDU-und-Freie-Waehler-geben-zehn-Sitze-ab.html?archiv=1