Handball Die Handball-Saison in den württembergischen Amateurligen endet wohl zum Stichtag 20. April. Doch wie werden dann entscheidende Aspekte wie Auf- und Abstiege geregelt? Es könnte darauf hinauslaufen, dass es gar keine Absteiger geben wird.
Von Stephan Sonntag
Wie die Politik ist der Sport in Deutschland föderalistisch organisiert. Und wie in der Politik besitzen unterhalb der Bundesebene besonders die Länder umfangreiche Entscheidungskompetenzen. Da kann auch der Deutsche Handballbund (DHB) nicht einfach durchregieren und das Saisonende in allen Amateurligen beschließen.
Deshalb beließ es der DHB am vergangenen Freitag bei einem dringenden Appell: „Der Spielbetrieb bleibt – wie bereits am 13. März beschlossen – deutschlandweit bis einschließlich 19. April ausgesetzt. Für die folgende Zeit empfiehlt das DHB-Präsidium die Beendigung des Spielbetriebes der Saison 2019/20 in den Landesverbänden, also in den Klassen unterhalb der 3. Liga“, hieß es in einer Pressemitteilung. Nach und nach folgen jetzt die 22 Landesverbände dem Vorschlag.
Am Mittwoch tagt das Präsidium des Handball-Verbands Württemberg (HVW). Die wichtigsten Fragen und Antworten im Vorfeld:
Wie sieht die vom DHB vorgeschlagene Lösung aus?
Der Kernpunkt des ausgehandelten Kompromisses lautet: Es gibt keine Absteiger, sondern nur Aufsteiger. Die einzige Ausnahme bilden Teams, die sich entweder schon zuvor vom Spielbetrieb zurückgezogen haben oder dies aus wirtschaftlichen Gründen beabsichtigen. Diese Regelung gilt nicht nur für die Amateurklassen, sondern ebenso ab der 3. Liga aufwärts, sollte hier ebenfalls die Spielzeit 19/20 vorzeitig beendet werden. Für die höchsten drei Männer-Spielklassen und die Jugend-Bundesliga hält man sich ein Hintertürchen offen, die Saison regulär zu beenden, sollte dies erlaubt werden. „Das ist nachzuvollziehen, da es hier um viel Geld geht“, sagt Hans Artschwager, HVW-Präsident und Mitglied des DHB-Präsidiums.
Was sind die Auswirkungen für die kommende Saison?
Die Ligen werden von oben nach unten zahlenmäßig anwachsen, da ja keine Teams absteigen. Der mögliche positive Aspekt: Durch mehr Heimspiele lassen sich mehr Einnahmen durch Zuschauer und Sponsoren generieren. Um die Belastung aber nicht zu groß werden zu lassen, sollen dafür die Pokalwettbewerbe ausgesetzt werden. „Pokal-Spieltage können dadurch als Liga-Spieltage genutzt werden“, erklärt Artschwager. Anders ließe sich keine komplette Saison durchziehen, zumal ja im Sommer 2021 die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden sollen. „Da müssen wir uns auch immer ein bisschen daran orientieren, was der Profibereich entscheidet“, erklärt Artschwager.
Werden alle Landesverbände mitziehen?
Als Mitte März beschlossen wurde, den Spielbetrieb bis einschließlich 19. April auszusetzen, scherte der Hessische Handballverband (HHV) aus und beendete den Spielbetrieb bereits endgültig. Ähnliche Alleingänge sind laut Artschwager aktuell nicht zu erwarten. „Wir hatten vergangene Woche eine große Videokonferenz mit allen Landesverbänden, bei der es viele positive Rückmeldungen auf die Vorschläge gab. Um den Vereinen entgegenzukommen und Planungssicherheit zu geben, ist es dringend notwendig, die Saison zum 20. April zu beenden.“
Drohen Klagen gegen die vorgeschlagene Lösung?
Die sind nicht auszuschließen und teilweise auch schon angedroht. Artschwager hat einen klaren Standpunkt in dieser Frage: „Je einheitlicher wir entscheiden, desto unangreifbarer sind wir.“ Ein wichtiger Punkt sind eindeutige politische Verordnungen der Bundesländer. In Baden-Württemberg sind die gegeben, in anderen Bundesländern nicht. Daher warten einige Landesverbände noch ab, ob ihnen nicht noch auf diesem Wege ein Haftungsausschluss beschert wird. Besonders gefährlich lebt der HHV durch seinen Sonderweg. „Der HHV setzt sich aus meiner Sicht nun unnötig eines Risikos von Rechtsstreitigkeiten aus“, sagte Handball-Rechtsanwalt Helge-Olaf Käding der „HNA“.
Was passiert, wenn der Saisonstart 2020/21 verschoben werden muss?
Die baden-württembergische Rechtsverordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus tritt nach aktuellem Stand erst am 15. Juni außer Kraft. Doch niemand weiß, ob die Maßnahmen nicht weiter verlängert werden. „Wir arbeiten daran, ein zweites Szenario zu entwickeln, sollten wir erst im Januar 2021 den Spielbetrieb wieder aufnehmen dürfen. Angesichts der aktuellen Gemengelage schätze ich, dass der Amateursport erst recht spät wieder eingeschaltet werden wird“, sagt Artschwager.