Hans Artschwager führt erneut die SPD-Liste an

Die SPD Holzgerlingen und Schönbuchlichtung hat ihre Kreistagskandidaten gewählt

KREIS BÖBLINGEN (red). Die SPD im Wahlkreis 7, die Ortsvereine Schönbuchlichtung und Holzgerlingen haben ihre Kandidaten für den Kreistag im Café Fuchsbau in Hildrizhausen gewählt. Eine große Zahl an Mitglieder war gekommen um die Kandidaten zu bestimmen.

Manfred Ruckh aus Waldenbuch leitete die Sitzung. Zuerst hat er zusammen mit seinem Kollegen, Hans Artschwager die wichtigsten Programmpunkte für die Wahl aufgeführt. Er betonte, wie wichtig es angesichts von rechtsradikalen Parteien und Populisten sei, dass die SPD stärker werde. Dann stellten sich die einzelnen Kandidaten mit ihren eigenen Schwerpunkten vor.

Nachdem die beiden Ortsvereine eine gemeinsame, fertige Liste vorgelegt hatten, ging die Wahl schnell über die Bühne. An der Spitze des Wahlvorschlags steht Hans Artschwager, der auch in der vergangenen Periode im Kreistag saß und der extra kurz von der Handball-Weltmeisterschaft, wo er als Präsident des Handballverbandes Württemberg in offizieller unterwegs gewesen ist, nach Hildrizhausen gekommen war.

Auf der Liste der SPD für den Wahlkreis 7 folgen: Waltraud Frasch (Holzgerlingen), Siegfried Müller, Jasmina Volckart (beide Weil im Schönbuch), Ralf Mickeler (Holzgerlingen), Roland Schäufele (Hildrizhausen), Jaime Penno (Holzgerlingen), Valery Bafa’a (Altdorf) und Tayfur Baris (Holzgerlingen). Ersatzkandidat ist Robert Löffler (Weil im Schönbuch).

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Hans Artschwager bei der WM: Mittendrin im großen Handball-Zirkus

Der HVW-Präsident aus Hildrizhausen ist bei der Weltmeisterschaft im Einsatz

von Vanessa Frey, 26. Januar 2019, Kreiszeitung Böblinger Bote

Deutschland ist im Handball-Fieber. Volle Hallen, spannende WM-Spiele und herrlich bodenständige Akteure lassen die Herzen der Zuschauer höher schlagen. Mittendrin im Handball-Zirkus: Hans Artschwager aus Hildrizhausen, Geschäftsführer der Waldhaus Jugendhilfe und Präsident des Handballverbandes Württemberg.

HILDRIZHAUSEN. Eben diesen vertrat er in verschiedenen Arenen bei der Weltmeisterschaft, ob in Berlin, München, Köln oder Hamburg. Hans Artschwager war mittendrin und hatte dabei die Möglichkeit, einige interessante Bekanntschaften zu machen.

Als seine Reise vor zwei Wochen begann, stand er allerdings vor dem ersten Hindernis. Aufgrund der Streiks vieler Fluglotsen wurde sein Flug von Stuttgart nach Berlin zum Eröffnungsspiel der deutschen Nationalmannschaft gestrichen. „Da musste ich spontan mit dem Auto fahren, im größten Schneechaos“, berichtet Hans Artschwager schmunzelnd. Von der Bundeshauptstadt ging es anschließend zum südlichsten Austragungsort nach München, dort verbrachte der Hildrizhausener die komplette Vorrunde. Kroatien, Spanien, Island, Mazedonien, Japan und Bahrain kämpften dort um Punkte. „Als Mitglied des DHB-Präsidiums war ich unter anderem für die Verbandspräsidenten der anderen Nationen zuständig“, berichtet der ausgewiesene Handballexperte.

Aber nicht nur Funktionäre schauten in der Olympiahalle vorbei. Bayrische Fußballprofis der jeweiligen Nationen übernahmen in ihrer eigenen Winterpause die Ehrungen der jeweiligen Spieler des Spiels. „So waren beispielsweise Javier Martinez und Niko Kovac vom FC Bayern München zu Besuch, oder auch der Isländer Alfred Finnbogason aus Augsburg. In meinen Augen eine tolle Idee, die eine zusätzliche Begeisterung bei den Zuschauern geschaffen hat“, freute sich Artschwager über die interessanten Begegnungen. Ursprünglich hatten Handballexperten mit dem Standort München als Spielort große Bedenken. Doch die Weltmeisterschaft zog mehr Besucher an als erwartet. „Das lag hauptsächlich an den kroatischen Fans, aber auch die Isländer und die mazedonischen Zuschauer haben für viel Farbe in der Halle gesorgt“, ist der Waldhaus-Geschäftsführer zufrieden, „die Blaskapelle Isar-Spatzen hat das Publikum zusätzlich angeheizt, natürlich auf die ganz eigene, bayrische Weise.“

Doch einer der schönsten Momente für Hans Artschwager ereignete sich während des Spiels Mazedonien gegen Island. „Der Sieger dieser Partie ist in die Hauptrunde eingezogen. Während des Spiels saß ich neben dem isländischen Verbandspräsidenten“, schildert er. Und weiter: „Mitten im Spiel drehte dieser sich zu mir um und schlang mir einen isländischen Fan-Schal um den Hals, das sollte seiner Mannschaft Glück bringen.“ Island gewann, den Schal durfte Hans Artschwager anschließend behalten. „Gegen Deutschland habe ich ihn natürlich nicht getragen“, sagt er lachend.

Denn nachdem die Vorrundengruppe ausgespielt worden war, ging es für den kompletten Tross, bestehend aus Mannschaft und Funktionären, zur Hauptrunde nach Köln. „Da ist eine richtige Welle von München und Berlin in die LANXESS-Arena zur Hauptrunde geschwappt. Der Bann der Weltmeisterschaft war ungebrochen und auch dort waren alle Tickets fast restlos ausverkauft.“ Im Vergleich zum großen Bruder Fußball könne der Handball mit anderen Werten begeistern. „Nahbar, teamorientiert und erfolgreich, diese Merkmale schaffen aktuell eine riesen Identifikation zu unserem Sport“, weiß der Hildrizhausener.

Fans sind noch viel näher an den Emotionen dran als 2007

Selten war der Hype um die deutsche Handballnationalmannschaft so groß. „Wobei das sicherlich auch mit den heutigen Social-Media-Kanälen zu tun hat“, ist sich Hans Artschwager sicher. „Dadurch können die Fans noch größere Emotionen wahrnehmen, als es zum Beispiel 2007 der Fall war.“

Nach einem kurzen Übergang ins Tagesgeschäft im Waldhaus unter der Woche ging es für Hans Artschwager gestern dann auch endlich mit dem Flugzeug zu den Halbfinalspielen nach Hamburg. „Die morgigen Finalspiele kann ich mir natürlich auch nicht entgehen lassen.“ Mit einem Zubringerbus geht es heute schon in Richtung Dänemark zum Austragungsort des Finales in Herning. Für Hans Artschwager ist die Handball-Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark aber auch schon vor dem Schlussakkord am Sonntagabend ein voller Erfolg: „Wenn man wahrgenommen hat, wie überall über unseren Sport gesprochen wurde, welche Aufmerksamkeit wir aktuell bekommen, dann kann man nur zufrieden sein.“

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Wo sind die Khediras, Özils oder Boatengs?

Anders als König Fußball hat der Handball für Zuwanderer in Deutschland keinerlei Strahlkraft. Spieler mit Migrationshintergrund sind in der zweitwichtigsten Teamsportart Mangelware. Woran liegt das?

von Jürgen Frey,  17.01.2019, Stuttgarter Nachrichten

Stuttgart – David ist 14 Jahre alt. Er spielt in der C-Jugend bei Frisch Auf Göppingen im linken Rückraum. Aaron steht im Tor, im Feld hat er Tim, Niklas, Cornelius, Julian und Jannis neben sich. David spielt auch Fußball beim FV Faurndau. Dort hießen seine Mitspieler beim letzten Hallenturnier Giacomo, Theodoros, Melih, Vasile, Oktay und Giuseppe. David ist in beiden Sportarten mit gleicher Leidenschaft am Ball. Er fühlt sich in beiden Teams gleich wohl. Dass er im Fußball im krassen Gegensatz zum Handball der einzige Spieler ohne Migrationshintergrund ist, spielt für ihn überhaupt keine Rolle. 

In der deutschen Handball-Nationalmannschaft heißen Spieler Lemke, Böhm und Strobel. Foto: AFP

Das Beispiel von der Basis zeigt vielmehr, dass sich in der zweitwichtigsten Teamsportart die gesellschaftliche Vielfalt nicht widerspiegelt. Auch in der deutschen Handball-Nationalmannschaft fahndet man vergeblich nach Spielern, deren Biografien an Fußballkollegen wie Jerome Boateng, Mesut Özil oder Sami Khedira erinnern. Lediglich die Eltern von Kreisläufer Patrick Wiencek stammen aus Polen. Bei den französischen Handballern ist das ganz anders: Sie profitieren traditionell stark von Profis, die aus ehemaligen Kolonien wie La Reunion oder Guadeloupe stammen. 

Studien belegen: Handball wird von Migranten nahezu ignoriert

Regionale Studien in Bielefeld und Duisburg belegen, dass Handball für Zuwanderer keine Strahlkraft hat. Knapp 60 Prozent der Migranten spielen Fußball, danach folgen mit riesigem Abstand Kampfsportarten (14 Prozent) und Turnen (zehn Prozent). Nur drei Prozent spielen Handball. Die Sportart wird bei Migranten also nahezu ignoriert. Woran das liegt? 

Ein Teil der Antwort ist einfach. Der Stellenwert der Sportart in den Herkunftsländern ist nun mal gering, die Eltern sind ohne Handball aufgewachsen. „Ein Afrikaner schickt seinen Sohn nun eben nicht zum Eishockey und auch nicht zum Handball. Auch in der Türkei fristet der Handball ein Schattendasein. Die motorisch begabten Kinder gehen zum Fußball. Zumal ein später damit möglicherweise verbundener sozialer Aufstieg dort am lukrativsten ist“, sagt der Sportwissenschaftler Rolf Brack. Hinzu kommt, dass es eine ungezwungene Straßenspielkultur wie im Fußball oder Basketball nicht gibt. Der frühere Frauen-Bundestrainer Dago Leukefeld gibt noch zu bedenken: „Die Handball-Regeln sind einfach auch zu kompliziert.“ 

Philosoph Eilenberger hat den Handballsport als „kartoffeldeutsch“ beschrieben

Der zweite Teil der Antwort, warum Sportler mit Migrationshintergrund im Handball so gut wie keine Rolle spielen, ist komplexer. Wird das Thema vom Deutschen Handball-Bund (DHB) vernachlässigt? Gibt es keine wirkungsvollen Integrations-Initiativen? Vor zwei Jahren hat der Berliner Philosoph Wolfram Eilenberger in einer Kolumne für „Zeit Online“ dieses Thema bewusst zugespitzt und provokativ aufgegriffen – und erhielt wütende Reaktionen. Als „völkisch homogen“ und „kartoffeldeutsch“ hat er den Handball beschrieben, als „konservatives Provinzvergnügen“. Zwischen den Zeilen las sich das, als würden die Vereine Migranten bewusst ausschließen. Das ist nicht der Fall, meint die Sportsoziologin Carmen Borggrefe von der Universität Stuttgart im Gespräch mit unserer Zeitung. Dennoch ziehen Vereine unbewusst Grenzen, indem sie Werte beanspruchen, die als typisch Deutsch gelten: Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Authentizität. „Auf Internetseiten der Vereine sieht man oft nur blonde, autochthon aussehende Kinder“, sagt Carmen Borggrefe. „Indirekte Fremdexklusion“, nennt sie dies. 

Herrscht im Handball etwa eine gewisse Arroganz vor, es auch ohne die Kinder mit Migrationshintergrund hinzubekommen? Hans Artschwager dementiert dies ganz energisch. Der Präsident des Handball-Verbandes Württemberg (HVW) betont vielmehr: „Wir brauchen die Kinder dringend. Denn diese Gruppe wird wegen des demografischen Wandels für die Mitglieder- und Talentrekrutierung immer bedeutender.“ 2009 hatte der DHB noch über 847 400 Mitglieder und wollte die Eine-Million-Schallmauer durchbrechen. Inzwischen geht es nur noch darum, nicht unter die aktuelle Zahl von rund 757 500 Mitglieder abzurutschen. „Es geht einzig und allein über die Schulen. Sie sind ein Raum des Vertrauens. Dort müssen wir die Eltern mitnehmen“, sagt Artschwager. Der Verein habe diesen Vertrauensvorschuss bei Familien mit Migrationshintergrund nicht. Das Problem: Handball findet in der Schule fast gar nicht statt.

Zumindest der TVB Stuttgart sucht nach konstruktiven Lösungen

Der TVB Stuttgart hat dieses Problem erkannt. Der Bundesligist bietet jeder Schule im Großraum Stuttgart eine Schnupperstunde mit einem seiner Profihandballer an. Außerdem lädt der Club die Kinder zu einem Heimspiel ein. „Ich finde das gehört zu den Aufgaben eines Proficlubs“, sagt TVB-Trainer und -Geschäftsführer Jürgen Schweikardt. Sein Club hatte zwei Jahre lang optimale Voraussetzungen. In Torwart Yunus Özmusul (2015/16) Linkshänder Can Celebi (2016/17) spielten zwei Türken im Verein. „Das hat sich aber nicht signifikant ausgewirkt“, erklärt Schweikardt. Weder auf Zuschauerzahlen noch auf die Zahl der Mitglieder im Verein. 

Im Gegensatz zu Fußballern wie Mesut Özil oder Ilkay Gündogan sind die Handballer in ihrer Heimat eben keine Stars. Dennoch wäre es wichtig, solche Spieler in ein Konzept einzubinden. „Die Person, die an die Schulen geht, darf nicht mit unserem Blickwinkel rangehen, sondern muss wissen, wie der Nachwuchs in dem jeweiligen Kulturkreis tickt“, betont Artschwager, der als Geschäftsführer der sozialpädagogischen Einrichtung Waldhaus in Hildrizhausen bisweilen mit 90 jugendlichen Flüchtlingen zu tun hat. Zwei konnte er für den Handball gewinnen. „Ich hätte es leichter, eine Cricketmannschaft zusammenzubekommen, als ein Handballteam“, sagt Artschwager, kämpft aber weiter. 

Martina Haas, im DHB-Präsidium für die Mitgliederentwicklung zuständig, befasst sich mit dem Zugehen auf Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte. „Wir gehen es in drei Pilotregionen in Deutschland konkret an und wollen den Vereinen konkrete Handlungsmöglichkeiten in Verbindung mit den Schulen geben“, erklärt Haas. Wissenschaftler jedenfalls fordern eine Offensive des DHB in Form von verpflichtenden Fortbildungen in den Vereinen zum Thema IntegrationEine begeisternde Heim-WM kann für das Werben an der Basis mit Sicherheit nicht schaden.

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Ein Wochenende voller freudiger Begegnungen

Waldhaus Hildrizhausen lud zum „Fest der Kulturen“ – Enthüllung einer Ackermann-Skulptur

Drei Tage mit unterschiedlichen Gästen, drei Tage voller Begegnungen, drei Tage Feierstimmung am Schönbuchrand. Die Waldhaus Jugendhilfe öffnete zum 60. Jubiläum am vergangenen Wochenende seine Türen, um gemeinsam mit Jugendlichen, Freunden und Bevölkerung die lange Historie der Einrichtung zu feiern.

Von Vanessa Frey vom 10. Juli 2017, Kreiszeitung Böblinger Bote

HILDRIZHAUSEN. Den Auftakt machte am Freitagabend der Nagolder Kabarettist Klaus Birk mit seinem neuen Programm „Liebe dich! Oder du kannst mich mal gern haben!“. Mit seinem Soloprogramm begeisterte er rund 100 Gäste im Festzelt mitten auf dem Waldhaus-Gelände. Ironisch, spöttisch und vor allem schwäbisch – Klaus Brik nahm das Publikum mit auf eine amüsante Reise durch den Alltag und seine heißbeliebte Region. Dabei küsst er die Krise, liebt den Benzinpreis und hat die Kanzlerin zum Fressen gern. „Ein toller und erfrischender Auftakt in unser großes Festwochenende“, zeigte sich Geschäftsführer Hans Artschwager begeistert.

Tags darauf lud das Waldhaus in Kooperation mit der Stiftung Jugendhilfe aktiv und dem Verein für Jugendhilfe zum zweiten Mal zum „Fest der Kulturen“ ein. Ein Tag der für Zusammenführung und Integration steht. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus dem gesamten Landkreis kamen gemeinsam mit ihren Betreuen auf das Stammgelände in Hildrizhausen, um zusammen zu feiern. Umrahmt von einem internationalen Buffet und jeder Menge Kultur im Festzelt: von Breakdance bis zu Theater. „Ein Tag mit vielen kulturellen Facetten, der uns auch dieses Jahr sehr große Freude bereitet hat“, erklärt Hans Artschwager.

Highlight des Samstags war die Enthüllung einer monumentalen, 2,5 Tonnen schweren Skulptur, die der Nebringer Künstler Lutz Ackermann gemeinsam mit Waldhaus-Jugendlichen nach knapp eineinhalb Jahren pünktlich fertiggestellt hat. Bereits das zweite Werk des Künstlers, das seinen Platz in der Einrichtung findet. „Die Kombination zwischen Kunst und Pädagogik wird im Waldhaus großgeschrieben“, beschreibt Lutz Ackermann. Sein neues Werk besteht aus einem Säulentrio, jede Säule steht dabei für sich. „Betreuen, helfen, schützen – das sind die Leitmotive der Skulptur, dafür steht auch das Waldhaus.“ Landrat Roland Bernhard zeigt sich vom Werk des Künstlers ebenfalls begeistert und lobt gleichzeitig die Arbeit der Jugendhilfeeinrichtung am Schönbuchrand: „Das Waldhaus leistet meisterliche Arbeit, was immer wieder durch Projekte wie dieses ersichtlich wird.“

Treffen der ehemaligen Mitarbeiter und Waldhaus-Bewohner

Zum emotionalen Höhepunkt kam es am Sonntag beim Tag der offenen Tür. Mittelpunkt dieses Tages war ein großes Ehemaligen-Treffen, bei dem sich Mitarbeiter und Jugendliche aus 60 Jahren Jugendhilfe im Waldhaus wieder in ihrem einstigen Lebensmittelpunkt zusammenfanden. „Die Ehemaligen kamen aus ganz Deutschland zurück nach Hildrizhausen, selbst aus Hannover oder Bremen fanden sie ihren Weg“. Für Hans Artschwager und seine Mitarbeiter ein Tag voller überraschender und freudiger Begegnungen. Und die Ehemaligen begaben sich mit ihrem Besuch auf eine kleine Reise durch die Zeit. Werkstattmeister trafen auf ihre einstigen Auszubildenden, Erzieher auf ehemalige rebellische Jugendliche. Jeder mit seiner eigenen Lebensgeschichte, die das Waldhaus zu einem wichtigen Teil mitgeschrieben hat. „Das Waldhaus hat den Verlauf meines Lebens definitiv bestimmt“, erzählt Werner Koch, einst untergebracht in der Stammeinrichtung, heute noch wohnhaft in Hildrizhausen. Der Tenor aus den zahlreichen Begegnungen war immerfort derselbe: „Wir kommen stets gerne hierher zurück!“ Und das ist wohl das größte Kompliment, dass man aus 60 Jahre Waldhaus Jugendhilfe mitnehmen kann.

Heute Premiere im Mauerwerk Herrenberg: Amir und die Detektive

Mehr oder weniger geplatzt auf der großen Waldhaus-Fete ist die Uraufführung des Stücks „Amir und die Detektive“. Dieses Stück hatten Johannes Storost vom Herrenberger Mauerwerk und der Verein Probs aus Stuttgart fast ein Jahr lang mit immer wieder wechselnden, unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die im Waldhaus beschult werden, einstudiert. Doch es gab ein technisches Problem in Hildrizhausen. Zugespielt werden sollen hätten Bilder vom Beamer – die im weißen Festzelt von der grellen Tageshelle aber regelrecht verschluckt wurden. Und so konnte nur eine einzige Szene dargeboten werden.

Macht aber nichts: Das komplette Stück soll heute Abend um 20 Uhr im Herrenberger Mauerwerk Premiere feiern. Handlungsort sind die Mercaden in Böblingen, wo sich die jungen Flüchtlinge auch im echten Leben immer wieder treffen. „Das Stück kann aber eigentich in jedem Einkaufszentrum spielen“, meint Storost. Und wie bei Erich Kästners „Emil und die Detektive“ geht es darum, einen Diebstahl auf eigene Faust aufzuklären. Vorab wird im Mauerwerk ein Film zum 60-jährigen Bestehen der Jugendhilfe Waldhaus gezeigt. Der Eintritt ist frei.

Bei der WM im Einsatz: Hans Artschwager aus Hildrizhausen

Artikel vom 02. Dezember 2017

24 Jahre lang musste Deutschland darauf warten: Die Weltmeisterschaft der Frauen vom 1. bis 17. Dezember ist das Handball-Ereignis des Jahres und treibt auch Hans Artschwager schon eine ganze Weile um. „Zwölf Sitzungen in den vergangenen 15 Monaten, und das bei diesem Verkehrskollaps rund um Stuttgart“, zählt der Waldhaus-Geschäftsführer aus Hildrizhausen, der auch Präsident des Handballverbands Württemberg (HVW) ist, auf. Dazu unzählige Besprechungen und Telefonate.

Ein ausgeklügeltes Konzept hatten er und seine Mitstreiter beim Deutschen Handballbund (DHB) eingereicht, um möglichst viel von der WM ins „Ländle“ zu bekommen. „Wir hätten gerne eine Hauptrundengruppe ausgerichtet“, lässt er durchblicken. Bekommen hat er eine Vorrunde – zwar ohne die Deutschen, die spielen in Leipzig, dafür mit den großen Handballnationen Norwegen und Schweden und ihren unglaublich einfallsreichen Fans. Gespielt wird ab heute in der Bietigheimer EgeTrans Arena. Bis nächsten Freitag wird Artschwager dort auch im Hotel übernachten, viele freie Betten gibt es in der Stadt nicht mehr.

Bietigheim hat sich richtig viel einfallen lassen

„Wir haben richtig gepowert“, blickt der 61-Jährige zurück. „Die Mannschaften und Gäste sollen Bietigheim eine Träne nachweinen, wenn die Vorrunde abgeschlossen sein wird. Keiner der Austragungsorte hat so viel zu bieten.“ Der IHF, der Weltverband, hat in der Halle das Sagen, der DHB ist der Veranstalter, die Württemberger sorgen für das Drumherum. Und haben sich dabei jede Menge einfallen lassen. „Meine hauptsächliche Aufgabe wird sein, das Rahmenprogramm zusammenzuhalten“, so Artschwager. Zusammen mit der Stadt. Insgesamt 130 Volunteers sind ebenfalls im Einsatz. „Und die brennen alle“, ist der Hildrizhauser überzeugt.

Gestern war die Generalprobe, ob mit der Technik alles funktioniert. „Bei der letzten Austragung wurden die Fahnen von Süd- und Nordkorea vertauscht, das darf natürlich nicht passieren.“ Die Mannschaften und Offiziellen reisten an, die ersten Kontakte wurden geknüpft, 160 Akkreditierungen wurden ausgegeben. Heute stehen ab 14 Uhr die ersten drei Gruppenspiele an, alle Tickets sind so gut wie vergriffen. „Für mich sind die nächsten Tage ein Mittelding zwischen Stress und Hobby“, sagt Hans Artschwager, der seit Oktober sogar Vizepräsident beim DHB ist, mit einem Augenzwinkern. „Wenn ich mir meinen Ablaufplan anschaue, dann bin ich schon gefordert, aber das krieg‘ ich hin“, hat er sich in seiner neunjährigen Amtszeit eine gewisse Routine angeeignet. „Ich brauch‘ ja keinen Redenschreiber mehr.“

Ob es ihm allerdings reichte, das Eröffnungsspiel der deutschen Mannschaft am Freitagabend gegen Kamerun anzuschauen? „Ich hatte sogar eine Einladung nach Leipzig, habe aber abgesagt“, wäre ihm dieser Stress zu groß geworden. In Bietigheim boten sie ja auch ein großes Public Viewing an – die Stimmung war bestimmt prächtig. Die Fan-Zone direkt neben der Arena ist fest in württembergischer Hand. Dort spielt die Musik, dort finden die Partys statt, dort werden die Gäste begrüßt. „Auf halbem Weg von der Arena runter in die Stadt“, so Artschwager. Also gar nicht zu verfehlen.

Am Samstag auf dem Programm: Erst eine Präsidiumssitzung mit dem ersten Feedback der teilnehmenden Teams aus Polen, Ungarn, Norwegen, Schweden, Tschechien und Argentinien, dann der Besuch von sechs E-Jugendmannschaften, die bei der vorher in Wernau ausgetragenen Mini-WM Eintrittskarten gewonnen hatten. „Die Euphorie war der Hammer“, konnte er sich vor Ort über den Feuereifer und die Begeisterung beim Nachwuchs überzeugen. „Gewonnen hat Tunesien, Sieger bei der zweiten Mini-WM in Aalen wurde Tschechien.“ Ob die WM genau so ausgeht? Eher unwahrscheinlich. Ebenfalls vorgeschaltet waren drei Mädchen-Camps, eines davon in Magstadt. Die Teilnehmerinnen werden sich am Sonntag zur Sternfahrt nach Bietigheim aufmachen, rund 100 Teilnehmerinnen und Betreuer. Dazu hatte der HVW einen Videowettbewerb für Spalierkinder ausgelobt. „Irre, was wir da für Zugriffszahlen auf unserer Homepage hatten“, wunderte sich Artschwager.

Mini-WM, Mädchen-Camp und Ehemaligen-Treff

Vorgemerkt hat er außerdem: Den kommenden Dienstag als Grundschulaktionstag („eine unserer besten Errungenschaften“), den Donnerstag, wenn der Württembergische Landessportbund und die Sportregion vorbeischauen, und der Freitag, denn zum Vorrundenabschluss werden ehemalige Auswahlspielerinnen nach Bietigheim eingeladen. Darunter alte Bekannte wie Silvia Schmitt oder Sabrina Koschella, die mit dem VfL Sindelfingen Europapokalzeiten erlebten. „Viele haben zugesagt“, freut sich Artschwager auf das Wiedersehen. Und noch besser: Er hat in der Einladung alle ganz vornehm gefragt, ob sie sich vielleicht für eine Aufgabe oder Idee engagieren könnten. „Die Resonanz war vielversprechend. Das fällt leichter, als neue Leute zu begeistern.“

Rückblick: Vor 24 Jahren war Deutschland das letzte Mal Ausrichter – und Weltmeister. „Der Sindelfinger Glaspalast war komplett ausverkauft“, weiß Hans Artschwager noch ganz genau. Und mit Annika Schafferus gehörte auch eine Hildrizhauserin zum Erfolgsteam. „Danach wurde der Frauenhandball immer wieder in den Dornröschenschlaf versetzt“, war der HVW-Präsident mit der Entwicklung überhaupt nicht einverstanden. Bis heute. „Inzwischen wurden die Zeichen der Zeit erkannt. Und Bundestrainer Bieger hat ein Team geformt, das einen richtig geilen Handball spielt.“ Das gilt auch für Württemberg. Vor 18 Jahren gab’s gar keinen Erstligisten, mittlerweile sind es fünf von vierzehn, der aktuelle deutsche Meister heißt SG BBM Bietigheim. „Ich schreibe viel Kurt Reusch zu, dem langjährigen Landestrainer“, so Artschwager. „Wir haben dank ihm die beste Trainerausbildung, dazu engagierte Vereine und jetzt auch den notwendigen materiellen Background.“

Natürlich schaut sich Hans Artschwager an den kommenden Tagen so viele Spiele wie möglich an, auch beim Finale in Hamburg ist dabei. Seine Frau Karin wird ihn ab und zu in Bietigheim besuchen und nach dem Rechten sehen, an den spielfreien Tagen ist auch Gelegenheit, um einiges aufzuarbeiten. Unterbrochen wird die Handballbegeisterung nur durch eine Trauerfeier daheim im Waldhaus für einen langjährigen Mitarbeiter. Ansonsten läuft es in der Jugend- und Sozialhilfeeinrichtung am Schönbuchrand auch ohne den Geschäftsführer. „Ich habe so gute Leute dort, die kriegen das alles prima hin“, so Artschwager. Und mit einem Schmunzeln: „Als ich das letzte Mal aus dem Urlaub zurückkam, hatte ich gar nichts zu tun. Alles war schon erledigt.“

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Fachkräftemangel: Quereinsteiger werden dringend gebraucht

Gerlinde Wicke-Naber,  07.12.2018, Stuttgarter Nachrichten

Das Waldhaus geht den Fachkräftemangel kreativ an und finanziert berufsfremden Mitarbeitern ein Fernstudium. Weitere Sozialeinrichtungen könnten dem Beispiel folgen. Doch trotz fehlenden Personals wird das Angebot kaum genutzt.

Sindelfingen – Yousof Neisi wirkt entspannt. Trotz Dreifachbelastung mit Job, Studium und Familie macht der 39-Jährige einen gelassenen Eindruck. Noch vor einem Jahr sah das etwas anders aus. Damals hatte Neisi gerade sein Fernstudium der Sozialen Arbeit begonnen und stand mächtig unter Druck. „Ich habe große Schwierigkeiten mit dem Stoff, vor allem wegen der Sprache“, berichtete er damals. 

Zwei Semester später ist sich der Iraner, der vor fünf Jahren nach Deutschland geflüchtet ist, sicher: „Ich schaffe das Studium, wenn auch etwas langsamer als geplant.“ Dabei hilft ihm ein striktes Zeit- und Organisationsmanagement. „Ich stehe morgens um 5 Uhr auf, um noch vor der Arbeit zu lernen. Abends gibt es dann zwei weitere Stunden Lernzeit.“ Die Wochenenden jedoch seien tabu, sagt Neisi. „Die gehören ganz der Familie.“ 

Viele Fachfremde arbeiteten in der Flüchtlingskrise mit Ausnahmegenehmigung

Und er weiß, dass er die volle Unterstützung seines Chefs Uwe Seitz und seiner Kollegen hat. Denn die wollen Neisi unbedingt behalten. „Er verkörpert Tugenden wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Außerdem unterstützt er uns in der Arbeit mit Flüchtlingen, die aus dem gleichen Kulturkreis wie er stammen“, sagt Seitz.

Neisi war einer der vielen fachfremden Quereinsteiger, die das Waldhaus, wie viele andere Sozialunternehmen in der Flüchtlingskrise, mit einer Ausnahmegenehmigung eingestellt hatte. „Ohne diese Mitarbeiter hätten wir die Arbeit nicht geschafft“, sagt Hans Artschwager, der Chef des Waldhauses. Als weniger unbegleitete minderjährige Ausländer einreisten, endete auch die Ausnahmeregelung für die Berufsfremden. Doch Artschwager wollte die bewährten Kräfte halten. Denn Fachkräftemangel ist nicht nur ein Problem im Handwerk und in der Pflege. Auch viele soziale Einrichtungen suchen händeringend Mitarbeiter. 

Gefragt sind vor allem Leute mit Lebenserfahrung

Besonders gefragt sind Menschen mit Lebens- und Berufserfahrung. „Bei unseren Projekten mit Langzeitarbeitslosen macht es keinen Sinn, wenn eine 25-Jährige einem 50-Jährigen sagen will, wo es langgehen soll“, sagt Uwe Seitz. Deshalb seien Mitarbeiter wie Yousof Neisi hochwillkommen. 

Das sieht auch Ursel Wolfgramm so. Die Vorstandsvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands entwickelte auf Anfrage von Hans Artschwager gemeinsam mit der Fernhochschule Riedlingen einen Studiengang Soziale Arbeit. „Die Quereinsteiger sind eine Bereicherung für den Studiengang“, sagt sie. Kenntnisse aus anderen Branchen, zum Beispiel der freien Wirtschaft, könnten die Mitarbeiter auch in die sozialen Einrichtungen einbringen. 

Yousof Neisi war in seiner Heimat Filmregisseur und arbeitete als Dolmetscher für arabische Botschaften. Sowohl seine Sprachkenntnisse als auch seine kreativen Fähigkeiten sind im Waldhaus gefragt. 

Mit fünf Waldhauskollegen begann er vor einem Jahr das berufsbegleitende Studium. „Hochmotiviert“ seien die Waldhaus-Studenten , lobt Angela Teichert, eine Professorin an der Hochschule Riedlingen, die Teilnehmer, die sie aus einigen Seminaren kennt. „Sie bringen ihre Erfahrungen aus der praktischen Arbeit direkt ein. Das bereichert.“ 

Yousof Neisi hat während des Lesens der Studienbriefe immer wieder Aha-Erlebnisse. „Da werden Probleme geschildert, die ich täglich erlebe.“ Er lernt durch das Studium, professionell an solche Situationen heranzugehen, und erhält Rüstzeug wie Gesprächstechniken. 

Die enge Verzahnung von Theorie und Praxis sieht auch Uwe Seitz als großen Vorteil des Studiums der Quereinsteiger. „Ich habe Yousof in meine Beratung für häusliche Gewalt eingebunden.“ Neisi gebe ihm wertvolle Hinweise bei der Beratung eines afghanischen Mannes. „Er kann mir die kulturellen Hintergründe erklären.“ Auch seine Sprachkenntnisse – Neisi spricht Farsi und Arabisch – seien dabei sehr nützlich. 

13 000 Euro pro Person investiert das Waldhaus in die Qualifizierung jedes Mitarbeiters. Unverständlich ist es Ursel Wolfgramm, warum keine andere Organisation dieses Qualifizierungsangebot des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Anspruch nimmt. „Alle suchen Fachkräfte. Hier haben wir ein Angebot, bewährte Leute an die Einrichtung zu binden“, wirbt sie. 

Für Hans Artschwager ist diese Qualifikation der Schlüssel zu mehr Mitarbeitern: „Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Weg Menschen für soziale Arbeit gewinnen werden, die aufgrund ihrer bisherigen Berufsbiografie diesen Weg nicht eingeschlagen hätten.“

https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.fachkraeftemangel-quereinsteiger-werden-dringend-gebraucht.95dcd093-1c5a-49f4-8de3-205110e975b7.html

Aus bösen Buben wurden respektable Männer

von Gerlinde Wicke-Naber,  13.07.2017, Stuttgarter Nachrichten

Die Jugendhilfeeinrichtung Waldhaus in Hildrizhausen hat zu ihrem 60-jährigen Bestehen auch Ehemalige eingeladen. Zwei von ihnen erzählen, wie sie im Heim mitten auf dem Land die Grundlagen fürs Leben gelernt haben.

Hildrizhausen – Gaudenzio Filos und Dieter Zimmermann sind respektable Männer mit ergrautem Haar. Zimmermann hat sein Leben lang als Hausmeister in diversen Einrichtungen und Firmen für Ordnung gesorgt, nun ist er Rentner. Filos arbeitet als Betriebsleiter bei einem Umzugsunternehmen in der Schweiz. Beide haben Kinder, sind mittlerweile Großväter. Ein bürgerliches Leben haben sie sich aufgebaut. Doch vor 40, 50 Jahren schien das alles andere als selbstverständlich. 

„Ich hatte ein hohes Aggressionspotenzial und war ständig in Schlägereien verwickelt“, erzählt Gaudenzio Filos. Der Vater starb, als Filos ein Baby war. Die Mutter wanderte von Italien in die Schweiz aus. Weil sie arbeiten musste, gab sie den Jungen in Pflege. „Meine Pflegeeltern waren sehr alt“, sagt der 59-Jährige. Als der Pflegvater 1972 starb, war der Junge 14 und mitten in der Pubertät. Das Jugendamt schickte ihn nach Hildrizhausen ins Waldhaus. „Böse- Buben-Heim­“ hieß es damals bei vielen Einheimischen in der Umgebung. „Wir hatten schon einen Ruf als Ganoven“, so Filos. Dabei verdanke er dem damaligen Chef Hans Artschwager senior viel. „Er hat verstanden, mit meinen Aggressionen umzugehen.“ Vor allem der viele Sport, der im Waldhaus ganz oben auf der Prioritätenliste stand, habe ihm geholfen, sagt Filos.

Der jetzige Chef ist im Waldhaus groß geworden

1957 hatte Hans Artschwager senior das Waldhaus gegründet. Kurz zuvor war der Maurer und Jugendwohlfahrtspfleger nach Hildrizhausen gekommen, um im dortigen Heim der Bewährungshilfe junge Straffällige auf den rechten Weg zu führen. Als der Leiter ging, baute Artschwager das Haus um, machte es zu einer GmbH und richtete den Fokus vor allem auf die Prävention. Die Betreuung von Jungen in schwierigen Lebenslagen wurde zu seinem Lebenssinn. Seine drei Söhne Hans, Wolfgang und Axel wurden in die Einrichtung hineingeboren, wurden dort groß. „Ich war mit den Artschwagerbuben befreundet, habe mit ihnen fast täglich Handball gespielt“, erzählt Filos.

Handball war die zweite große Leidenschaft von Artschwager senior. Er gründete den Handballverein BC Waldhaus, in dem bald nicht nur Schützlinge und Mitarbeiter der Einrichtung spielten, sondern auch viele Jugendliche aus dem Dorf. „Das war eine gute Form der Integration“, sagt Dieter Zimmermann. Der 67-Jährige verbrachte insgesamt zehn Jahre im Waldhaus. „Beim ersten Mal war ich 16, das zweite Mal kam ich als Mitarbeiter zurück.“ 

Das Waldhaus hat die Familie ersetzt

Im Waldhaus habe er zum ersten Mal „so etwas wie Familie erlebt“, sagt Zimmermann: „Ein richtiges Zuhause habe ich vorher nicht gekannt.“ Mit dem Freund der alleinerziehenden­ Mutter sei er nicht klar gekommen und deshalb immer viel herumgestreunt. Bis das Jugendamt einschritt und den 16-Jährigen aus der Großstadt Frankfurt „in die Pampa“ verfrachtete. „Das war ein echter Kulturschock.“ 

Doch er habe sich schnell eingewöhnt, die Vorteile des Landlebens erkannt. „Der Sport und das Arbeiten auf dem Gelände, das war richtig für mich“, ist sich Zimmermann sicher. „Mein Vater hat Wert auf Sport und Abenteuer gelegt. Das sind die Grundlagen unserer Arbeit. Heute nennt man das Erlebnispädagogik“, sagt Hans Artschwager junior, der nach dem Tod des Vaters die Geschäftsführung übernahm. In die Großstadt ist Zimmermann nie zurückgekehrt. Mit 20 verließ er die Einrichtung. Bis heute lebt er in Herrenberg, nur wenige Kilometer vom Waldhaus entfernt. 

Die Grundlagen fürs Berufsleben gelernt 

Gaudenzio Filos hingegen war beim großen Ehemaligentreffen, zu dem das Waldhaus zum 60-Jahr-Jubiläum geladen hatte, „das erste Mal seit 41 Jahren wieder da“. Sehr emotional sei das gewesen: „Hier habe ich die Grundlagen für mein Leben erhalten, gelernt, meine Aggressionen in den Griff zu bekommen.“ Er absolvierte eine Ausbildung in der Metallwerkstatt der Einrichtung. Auch Dieter Zimmermann holte sich im Waldhaus das Rüstzeug für sein Leben. „Die Metallwerkstatt war nichts für mich. Aber ich habe überall auf dem Gelände Handwerksarbeiten verrichtet. Und so hatte ich später immer einen Job als Hausmeister.“ Von 1980 bis 1987 war er sogar Hausmeister im Waldhaus. 

Wie viel Glück er hatte, ausgerechnet im Waldhaus und nicht in einer anderen Jugendhilfeeinrichtung zu landen, wurde Gaudenzio Filos klar, als er vor einigen Jahren mit einem Arbeitskollegen auf ein anderes ehemaliges Heimkind traf: „Der hat mir schreckliche Geschichten von Schlägen und so erzählt.“ Derartiges habe er im Waldhaus nie erlebt. 

Wichtig sei die Arbeit der Pädagogen auch heute noch, sind sich Filos und Zimmermann einig. „Es gibt viele Jugendliche, die Schwierigkeiten haben – mit der Familie, Drogen, Alkohol, Gewalt“, sagt Filos. „Man muss alles tun, um diesen Jugend­lichen zu helfen. Bei mir hat es gewirkt.“

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Kein Jugendlicher soll verloren gehen

Runder Tisch Bildung Beruf kümmert sich darum, dass junge Menschen im Kreis einen Job erhalten

Artikel vom 02. Juni 2017 – 17:00

KREIS BÖBLINGEN (red). Der Runde Tisch Bildung Beruf traf sich vor Kurzem im Landratsamt Böblingen. Am Runden Tisch beteiligte Akteure sind außer dem Landratsamt die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Industrie- und Handelskammer, die Kreishandwerkerschaft, das Staatliche Schulamt sowie Vertreter der freien Träger, der Bürgermeister, der Beruflichen Schulen des Landkreises Böblingen und des Regierungspräsidiums Stuttgart. Der Runde Tisch befasst sich mit den Themen Bildung und Ausbildung für junge Menschen im Landkreis Böblingen.

Landrat Roland Bernhard, der die Treffen moderiert, betonte die Bedeutung: „Wir müssen alles dafür tun, dass uns kein Jugendlicher auf dem Weg von der Schule in das Berufsleben verloren geht. Wenn wir unsere Jugendlichen auf dem Bildungsweg fördern, stärken wir damit auch die ortsansässigen Unternehmen. Die Integration von Geflüchteten gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung“.

Thomas Wagner, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Böblingen, und David Fais, Leiter der Berufsbildung in der IHK-Böblingen, bestätigten einen positiven Trend der Wirtschaftslage. „Diese Chance gilt es zu nutzen“, erläuterte der Geschäftsführer des Jobcenters im Landkreis Böblingen, Clemens Woerner, und die Geschäftsstellenleiterin der Agentur für Arbeit, Gabriele Baderschneider.

Diese beteiligen sich neben dem Amt für Jugend an der 2016 gegründeten Arbeitsgemeinschaft Jugend – Beruf. Am Freitag richteten sie eine Jugendkonferenz zum Thema „Übergang Schule – Beruf für junge geflüchtete Menschen gelingend gestalten“ aus. Eingeladen waren rund 120 haupt- und ehrenamtliche Vertreter aus allen relevanten Bereichen“, teilte der Leiter des Jugendamts Wolfgang Trede mit.

Projekte für Flüchtlinge

Das Bildungsbüro wurde damit beauftragt, das Übergangssystem Schule-Beruf noch transparenter zu machen. Zum einen wird auf einer Homepage eine Datenbank mit Übergangsangeboten aufgebaut. Zum anderen soll ein Plakat entwickelt werden, auf dem die Akteure dargestellt sind.

Werner Diebold, Geschäftsführender Schulleiter der beruflichen Schulen im Landkreis Böblingen, ging auf die aktuelle Situation des Vorqualifizierungsjahres „Arbeit/Beruf ohne Deutschkenntnisse“ für Flüchtlinge (VABO) ein. An der Gottlieb-Daimler-Schule 2 wurde Anfang Februar eine weitere VABO-Klasse aufgemacht. Ergänzend wurde am Schickhardt-Gymnasium in Herrenberg eine Deutschlernklasse eingerichtet. „Die Warteliste für Flüchtlinge für eine VABO-Klasse im Landkreis Böblingen ist damit abgearbeitet“, so Diebold.

Die Leiterin des Staatlichen Schulamts Böblingen, Angela Huber, zeigte sich darüber sehr erfreut. Sie lobte in diesem Zusammenhang auch das Projekt der Sprach- und Kulturmittler als weiteren Baustein zur Integration. Kreisrat Hans Artschwager, Geschäftsführer der Waldhaus gGmbH, beschrieb detailliert, wie in Einrichtungen des Waldhauses untergebrachte Jugendliche bei der Integration in Schule und Ausbildung unterstützt werden.

„Ich freue mich, dass mehrere Projekte für Flüchtlinge beim Landratsamt Böblingen laufen“, bemerkte Sozialdezernent Alfred Schmid. Ab April wird es zwei Bildungskoordinatoren geben. Die Amtsleiterin des Amtes für Schule und Bildung, Michaela Futter, erklärte: „Die Bildungskoordinatoren wurden für den Zeitraum März 2017 bis Februar 2019 beim Bundesministerium für Bildung und Forschung beantragt und sind dem Bildungsbüro zugeordnet. Dabei handelt es sich um eine Vollfinanzierung der Personalkosten“.

Neue Fachstelle

Weitere Projekte werden im Amt für Migration und Flüchtlinge unter der Leitung von Katharina Pfister umgesetzt. „Die Maßnahmen Empowerment für Flüchtlingsfrauen, SIBE-Projekt sowie Sprach- und Kulturmittler werden einen wichtigen Beitrag zur Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt leisten“, teilte Pfister mit und fügte hinzu: „Als weitere Maßnahme schafft das Landratsamt ab Mai eine Fachstelle für interkulturelle Kompetenz. Diese dient als Anlaufstelle für Unternehmen, Schulen und andere Institutionen, die geflüchtete Personen oder Migranten beschäftigen oder andere Integrationsleistungen erbringen“. Es werden Schulungen zur interkulturellen Kompetenz angeboten sowie Coachings und Gutachten zur Organisationsentwicklung.

„Wir sind auf einem guten Weg und haben wichtige Projekte angestoßen. Jetzt gilt es, diese weiterzuverfolgen“, zog Landrat Roland Bernhard ein Résumé.

https://www.krzbb.de/krz_50_111331731-13-_Kein-Jugendlicher-soll-verloren-gehen.html?archiv=1